Glossar

Begriffe und Definitionen

Active Ownership

oder Stewardship bezeichnet eine verantwortungsvolle Kapitalanlage, bei der der Aktionär seine Stimmrechte ausübt und gezielt den Dialog mit Unternehmen sucht, wenn Nachhaltigkeitsprinzipien gefährdet sind. Er tut dies im Interesse seiner Kapitalgeber oder Begünstigten im Sinne der treuhänderischen Pflicht.

Asset Owner

Asset Owner sind die Eigentümer von Vermögenswerten. Zu den grössten Asset Ownern gehören Staatsfonds, Pensionskassen, Stiftungen und Versicherungsgesellschaften. Asset Owner können sowohl kommerziell als auch nicht gewinn-orientiert sein. Die Mitglieder des SVVKs, Institutionen der Vorsorge und Versicherungen, gehören zu den grössten Asset Ownern in der Schweiz.

CO2-Äquivalent (CO2e)

Die Masseinheit CO2-Äquivalent (engl. Abkürzung: CO2e) wurde eingeführt, um die Klimawirkung verschiedener Treibhausgase vergleichbar zu machen und in das Erwärmungspotenzial von CO2 umzurechnen.

CO2-Fussabdruck

Der CO2-Fussabdruck gibt die Menge an Kohlendioxid an, die durch einen Prozess oder eine Aktivität freigesetzt wird. Der CO2-Fussabdruck einer Anlage bezeichnet die Menge an Kohlendioxid und anderen Treibhausgasemissionen (oft als Kohlendioxidäquivalent, CO2e, ausgedrückt), die ein Produkt, ein Unternehmen oder ein Portfolio verursacht. Der CO2-Fussabdruck kann für eine einzelne Anlageposition oder auf der Ebene eines Anlageportfolios berechnet werden. Um den CO2-Fussabdruck eines Anlageportfolios zu bestimmen, werden die CO2-Fussabdrücke der einzelnen Positionen aggregiert. Das THG-Protokoll ist ein international anerkannter und weit verbreiteter Standard für die Bilanzierung von Treibhausgasemissionen und umfasst Scope 1, Scope 2 und Scope 3 Emissionen.

CO2-Intensität

Die CO2-Intensität misst die Menge an ausgestossenem Kohlendioxid (CO2) relativ zu einem Referenzmass. Beispiele sind die CO2-Intensität eines Anlageportfolios (Anzahl Tonnen CO2-Äquivalente pro Einheit an verwalteten Vermögen, tCO2e/CHF Millionen) oder die CO2-Intensität eines Gebäudes (Menge an CO2-Äquivalenten pro Fläche, CO2e/m2).

Dekarbonisierung (von Finanzanlagen)

Dekarbonisierung bezeichnet die drastische Reduzierung von CO2 (engl. Carbon) in der Atmosphäre. Die Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaftstätigkeit ist unerlässlich, um die globale Erwärmung auf 1.5°C zu begrenzen. Die Dekarbonisierung von Finanzanlagen bedeutet eine Reduktion der CO2-Emissionen pro investiertem Franken. Erreicht wird dies durch den (teilweisen) Verkauf von Beteiligungen an CO2-intensiven Unternehmen im Portfolio. Diese Dekarbonisierung ist jedoch nicht mit einer tatsächlichen Dekarbonisierung in der Realwirtschaft gleichzusetzen, da die Beteiligung damit den Besitzer wechselt, der CO2-Ausstoss aber unverändert bleibt. Eine Veränderung kann dann erreicht werden, wenn so viele Investoren das Gleiche tun, dass die negativen Konsequenzen so gross sind, dass sich die Reform des Geschäftsmodells für das Unternehmen lohnt. Damit unterliegt dieser Wirkungsmechanismus einerseits dem Kooperationsproblem. Zum anderen benötigen diese Reformen auch die Stimme und die Unterstützung der Investoren, die diese nur geben können, solange sie beteiligt sind.

(Doppelte) Materialität

Materialität, oder Wesentlichkeit, ist die aus der angelsächsischen Rechnungslegung stammende Bezeichnung für einen wichtigen, weil finanziell relevanten (materiellen) Sachverhalt, den das Unternehmen seinen Investoren nicht vorenthalten darf. Dieser Begriff wurde in den letzten zwei Jahrzehnten auf Nachhaltigkeitsthemen ausgeweitet. Die doppelte Materialität bzw. Wesentlichkeit umfasst eine zweifache Perspektive: Die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf die finanzielle Performance eines Unternehmens und die Auswirkungen des Geschäftsmodells auf Umwelt und Menschen.

Sowohl die EU als auch die Schweiz pochen auf die doppelte Materialität in der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung. Siehe z.B. Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder Verordnung zur Verbindlichen Klimaberichterstattung grosser Unternehmen.

Engagement

Engagement bezeichnet im Anlagekontext den Dialog zwischen dem Investor (Aktionär oder Kreditor) und dem Herausgeber des Wertpapiers (in der Regel ein Unternehmen), mit dem Ziel, eine Verbesserung der Unternehmenspraxis zu erwirken. Durch direkte Gespräche und den schriftlichen Austausch machen Anleger ihre Erwartungen deutlich. Engagement kann aber auch mit anderen Interessengruppen, z.B. politischen Entscheidungsträgern, stattfinden. Engagement ist nach heutigem wissenschaftlichen Stand das wirksamste Mittel für Investoren, im Aktien- und Anleihenmarkt (Kapitalmarkt) positive Veränderungen zu erzielen.

ESG

Die Abkürzung ESG steht für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung), die drei übergreifenden Aspekte der Nachhaltigkeit. ESG ist heute ein Synonym für «Nachhaltiges Investment». Die Abkürzung tauchte erstmals 2004 in einem von der Schweiz unterstützten Bericht der UNEP auf. E, S und G wurden als neue "Faktoren" vorgestellt, welche die Aktienperformance massgeblich beeinflussen, aber bisher zu wenig beachtet würden. Der Begriff fand bald breiten Anklang und verdrängte allmählich das alte Kürzel SRI (Socially Responsible Investing), da er ein umfassendes Konzept bot und (vermeintlich) frei von der subjektiven Wertung des ethischen Investierens war. Mit dem Aufkommen von ESG-Ratings war es möglich, auf einfache Weise Anlageprodukte zu generieren.

ESG-Integration

Die Berücksichtigung von ESG-Aspekten in Analyse und Anlageentscheiden, mit dem Ziel, das Risiko zu mindern und die Rendite zu verbessern. Er stellt einerseits einen Idealzustand dar, andererseits definiert er nicht, wie ernsthaft diese Berücksichtigung stattfinden muss. Das macht ihn anfällig für Missbrauch, genannt Greenwashing und erfordert eine klare Definition, was unter Integration gemeint ist. Der vom Bundesamt für Umwelt in Auftrag gegebene Bericht «Does ESG integration impact the real economy?» konnte bisher keine klar positive Wirkung auf die Realwirtschaft feststellen.

Greenwashing / Impact-Washing

Als Greenwashing bezeichnet man irreführende Behauptungen über die Nachhaltigkeit von Produkten und Dienstleistungen, um den Kunden zu suggerieren, mit dem Kauf einen Beitrag zugunsten der Nachhaltigkeit zu tätigen. Nach einer umfassenden Regulierung der EU strebt nun auch die Schweiz (FINMA) Massnahmen gegen das Greenwashing im Finanzsektor an. Wo Greenwashing auf Umweltaspekte abzielt, geht es beim Impact- oder SDG-Washing um die vermeintlich positive Wirkung (Impact) auf die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele, genannt «SDGs». Ein häufiger Kritikpunkt ist der fehlende Nachweis einer zusätzlichen Wirkung, die ohne die Investition nicht eingetreten wäre, auch «Additionalität» oder «Zusätzlichkeit» genannt. Der Nachweis einer positiven Wirkung ist in der Praxis jedoch nicht einfach. Sie ist nicht standardisiert messbar, und stellt sich meist über einen längeren Zeitraum ein.

Netto-Null

Netto-Null-Emissionen bis 2050 ist das Ziel des Übereinkommens von Paris. Es bedeutet nicht null Emissionen, sondern erlaubt die Kompensation der verbleibenden Treibhausgase. Netto-Null setzt also negative Emissionen voraus, wie sie durch dauerhafte Aufforstung oder CO2-Abscheidung (Carbon Capture) erreicht werden können. Diese Technologien sind zwar notwendig, aber noch nicht ausgereift und dienen auch als Vorwand, um die notwendige Umstellung der Produktionsprozesse weg von fossilen Energieträgern hinauszuzögern.

Normative Basis

Die Normative Basis definiert die Aktivitäten des SVVKs. Sie beruht die im demokratischen Konsens definierten Rechtsnormen und Werte in der Schweiz. Diese Normen finden in der Bundesverfassung, den Gesetzen und Verordnungen, sowie in den von der Schweiz ratifizierten, internationalen Abkommen ihren Ausdruck. Dieses Vorgehen garantiert uns die grösstmögliche Objektivität.

OECD-Leitsätze

Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln, begründen die Pflicht des Privatsektors, international anerkannte Standards zu achten und negative Auswirkungen auf Umwelt und Menschen zu vermeiden. Der SVVK nimmt in seiner Normativen Basis Bezug auf die OECD-Leitsätze und sie bilden somit eine wichtige Grundlage für den Engagement-Dialog des SVVKs. Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, entstand ursprünglich, um die Marshall-Plan-Hilfen der USA nach dem Zweiten Weltkrieg zu koordinieren. Sie spielte eine zentrale Rolle im Wiederaufbau Europas und der Zusammenarbeit zwischen seinen Nationen. Dies tut sie auch heute noch, nun auf globaler Ebene und fördert die Entwicklung internationaler Standards, so auch im Bereich Menschenrechte und Nachhaltigkeit.

REIDA

Die Real Estate Investment Data Association REIDA, ist ein von grossen Schweizer Immobilien-Investoren ins Leben gerufener Verein mit dem Ziel, eine gemeinsame Vergleichsbasis zu schaffen. Mit seinem CO2-Benchmark strebt REIDA dies auch im Klima-Bereich an und trägt damit zur Standardisierung bei der Messung der CO2-Emissionen bei Immobilien bei. Einige Mitglieder des SVVK-ASIR sind Mitbegründer und Teilnehmende bei REIDA.

SBTi

Die Science-Based Targets Initiative (SBTi) ist eine gemeinsame Initiative von des UN Global Compacts (UNGC), Umweltschutzorganisationen (WWF, WRI) und einer Investor-Initiative (Carbon-Disclosure Project, CDP). Gemeinsam wurden Methoden und Kriterien für wirksame Klimaschutzmassnahmen von Unternehmen und ein Prüfverfahren für Unternehmensziele entwickelt. SBTi-validierte Unternehmensziele spielen für Investoren eine Schlüsselrolle bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit von CO2-Zielen.

Scope 1, 2 und 3

Scope (deutsch: Umfang, Bereich) bezieht sich auf die Grenze, innerhalb derer die Treibhausgas (THG)-Emissionen einem Unternehmen zugeordnet werden. Man unterscheidet zwischen Scope 1-, 2- und 3-Emissionen, welche im weltweit anerkannten THG-Protokoll definiert sind:

Scope 1-Emissionen sind direkte Emissionen, die vom Unternehmen verursacht werden, z.B. durch den Energieträger am Firmensitz.

Scope 2-Emissionen sind indirekte Emissionen, z.B. durch die Herstellung von eingekauftem Strom.

Scope 3-Emissionen sind indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette, z.B. von Lieferanten. Sie machen oft den grössten Anteil der CO2-Emissionen aus und sind schwerer zu berechnen als Scope 1 und 2.

Stewardship

siehe Active Ownership.

TCFD

Das Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) empfiehlt Unternehmen wie sie Klimarisiken und -chancen auf eine Weise offenlegen, dass Investoren sie verstehen und darauf basierend Entscheide treffen können.

Die elf Empfehlungen der TCFD umfasst vier Bereiche: Erstens, die Governance, das heisst die Verantwortung und Aufsicht für Klimarisiken; zweitens, die Strategie; drittens, die Integration der Strategie in das Risikomanagement des Unternehmens; sowie viertens, die verwendeten Klima-Kennzahlen und Ziele. In der Schweiz verweist die Verordnung zur Verbindlichen Klimaberichterstattung grosser Unternehmen direkt auf die TCFD.

THG / CO2e

THG steht für Treibhausgase (englisch: GHG), das heisst Gase in der Atmosphäre, die den Treibhauseffekt verursachen, indem sie von der Erde abgegebene Wärmestrahlung absorbieren und zurückwerfen und somit die Erde erwärmen. Das wichtigste Treibhausgas ist CO2, Kohlendioxid, welches bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entsteht. Andere Treibhausgase sind Lachgas, Methan und Ozon.

TNFD

Die Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) bezieht sich auf die Risken, welche aus der Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen und intakten Ökosystemen entstehen. Sie lehnt sich in ihren Funktionsweise an den Erfolg der TCFD im Bereich der Klimarisiken an (siehe Glossar). Die Taskforce empfiehlt Unternehmen, wie sie den Umgang mit naturbezogenen Risiken und Abhängigkeiten so offenlegen, dass Investoren diese nachvollziehen können. Die ersten Unternehmen testen aktuell die TNFD-Berichterstattung, welche somit noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung steht (Update: März 2024)